Wie grün das Sommerlicht diese Matten färbt,
Wie Buschwerk und die Bäche sich freundlich ziehn –
Naturgewordne Menschenwerke:
Mönche des Klosters Sankt Urban zogen
Einst Gräben in den wässrigen Schottergrund
Des schmalen Tälchens. Hier, wo September gern
Die ersten Nebel spinnt, ist längst das
Lied jener Mönche verstummt, ihr Werk ist
Geblieben: Grasland. Stets blieb Gesang hier knapp:
Der Arbeit diente Atem immer zuerst.
Jahrhundertweit vereinzelt führten
Männer hier Sensen durchs Gras. Dann kamen
Die Bahnarbeiter, zogen Geleise. Mit
Den ersten Zügen kam der Textilherr. Ihm
Warn Wassergräben Pferdestärken.
Nahe der Bahnstation liess er Hallen
Errichten, holte Leute zu hunderten aus
Den Dörfern an die Webstühle der Fabrik.
Die Produktion von Hosenstoff, von
Barchent und Drillich und Kölsch florierte.
«Fabriggler» hiess man sie, die nun scharenweis
Zu Fuss dorfauswärts eilten, um pünktlich in
Den selbstgewobnen Überkleidern
An den Maschinen zu stehn. Die Glocken
Der Kirche riefen sonntags, doch werktags rief
Im Tälchen die Fabrik. Wie die Luft umgab
Die Macht die schräggekippten Dächer:
Lebensnotwendig und unsichtbar. Wenn
Die Reiher ausserhalb des Fabrikzauns in
Den Gräben fischten, sah man sie draussen stehn
In einer andern Welt. – Ein Kind war
Fast noch mein Vater, als er hierherkam,
Als Kind sah ich ihn später zur Arbeit gehn.
Sein Fahrrad hatte Rücktritt, war schwarz und schwer.
Die Mutter wusch die Überkleider.
Abends war Vater oft still und müde.
Heut liegt das Werk verlassen und leer, wenn ich
Im Zug durchs Tälchen fahre. Mein Arbeitsweg
Durchquert die längst verschwundne Welt des
Vaters. Im Grünen ein Reiher, reglos.
[8.-12.8.1995]