[45]
eigentliche abschreckung
die richtige entscheidung:
ein ja zur allgemeinen wehrpflicht
erzieherisch noch nie so wertvoll wie heute
ausgezeichnete verträglichkeit (vgl. zellerbalsam)
denunziation reglementiert
denkende untergebene nennen wir rädelsführer
steigerung des selbstwertgefühls
bei vorgesetzten wird garantiert
ausbildung zum einzelkämpfer
abc-schutz für alle dienstgrade
totsichere freundfeinderkennung
was ist dissuasion?
die sportlich-vergnügliche seite:
der kameradschaftliche suff
erhöhte sexualkraft des mannes
durch uniformierung geheimer wünsche
(ab und zu
begehe ich
selbstverteidigung
aus notwehr)
(26.7.1978)
[46]
soldat in friedenszeiten
so
ist
das:
die zackigen und die schneidigeneidigeneidigeneidigeneidi
wenn sie mich vereidigeneidigeneidigeneidigeneidigeneidige
muss ich sie verteidigeneidigeneidigeneidigeneidigeneidig
und ihre frau
und ihre kinder
und ihr haus+herd
derweil ich noch nicht
bluten darf bin ich
hier nur ge-
duldet
(14.7.1978; 26.7.1978)
[47]
vorbeimarsch
linksrechtsend flottzotend
reihundgliedend aktividienstend I
zackhackend lärmschwärmend
schritttrittend markundbeinend
prallknallend blutundbodend
kampfstampfend aktivdienstend II
steifgreifend waffengaffend
steissschmeissend vaterlandend
schutztrutzend aktivdienstend III
blitzblankend prachtschmachtend
stahlstrahlend blicknickend
grünhünend karrenstarrend
marscharschendaktiv
dienstend IV h
eilgeilend
rotzst
rotz
en
d
(21.3.1978; 26.7.1978; 22.8.1978)
[48]
humanitäre handfeuerwaffe
ein sturmgewehr
das als heimtückisch
bezeichnet werden müsste
und
der humanitären
tradition
unseres landes
widersprechen
würde
kommt nach ansicht
des bundesrates
als persönliche waffe
des schweizer
wehrmannes
nicht in frage
vielmehr
muss eine für den kriegseinsatz
taugliche handfeuerwaffe
eine möglichst gute
geschosswirkung
erzielen
(21.9.1978)
[49]
abzählvers
der soldat ist ein mensch
der bereit ist
in den tod geschickt zu werden
der korporal ist ein mensch
der bereit ist
einen menschen in den tod zu schicken
der leutnant ist ein mensch
der bereit ist
zehn menschen in den tod zu schicken
der hauptmann ist ein mensch
der bereit ist
hundert menschen in den tod zu schicken
der major ist ein mensch
der bereit ist
tausend menschen in den tod zu schicken
der oberst ist ein mensch
der bereit ist
zehntausend menschen in den tod zu schicken
der general ist ein mensch
der bereit ist
eine ganze armee in den tod zu schicken
der soldat ist ein mensch
ohne den
krieg nicht gemacht werden kann
(22.8.1978)
[50]
bettag
trotz r. m. r.
herr: es ist zeit. der wohlstand ist sehr gross.
leg deinen schatten in die hinterköpfe,
und in den parlamenten lass die hetzer los.
befiehl den letzten fragern still zu sein;
gieb uns noch zwei lethargischere jahre,
dränge uns zur verblödung hin und schare
die letzten zweifler um den leeren schein.
wer keinen halt hat, hält sich nirgends mehr,
wer schweigt statt schreit, wird blosses schlachtvieh bleiben,
wird führern folgen, die geschichte schreiben
und wird in schützengräben hin und her
unruhig spähen, wenn die blätter treiben.
(8.2.1978; 20.3.1978; 4.10.1978)
[51]
der traum vom ende des friedens
meine herrn
ich bekenne müde zu sein
ich bekenne wahnsinn von staates wegen
nicht länger für lebensnotwendig zu halten
ich bekenne nichts zu haben
nichts zu sein und nichts zu wollen
was sich mit staatsgewalt verteidigen liesse
meine herrn
ich verweigere die verteidigung meiner person
so gut ich es vermag: die schuld ist offenbar:
da dienst- und jede weitere verweigerung
nicht apolitisch sein kann – ich bekenne das –
ist mein geständnis dass ich müde sei
ein sakrileg gegen die staatsmoral
meine herrn
die zahl der widersprüche
die der angeklagte sieht
im fadenscheinigen netz
eures alleinseligmachenden rechts
bestimmt die höhe seiner strafe
ich bekenne nicht blind zu sein
meine herrn
ich erwarte kein verständnis
ich verstehe euch auch nicht
ich bin nach euren gesetzen
schuldig zu sprechen
was euch nicht schwer fällt
da ihr klagt und richtet
meine herrn
ich habe angst weiterhin zu tun
was ich nie verantworten konnte
ich habe angst vor der erniedrigung
eures unzuständigen rechtmässigen urteils
ich habe angst vor dem gefängnis
ich habe angst –
[52]
und dann erwache ich
und irgendwann am tag
da fragt mich einer:
warum verweigerst eigentlich du
den militärdienst nicht?
manchmal habe ich angst
vor meinen träumen
(21.9.1978)