Zeitgeschichtliches

In den gut vier Jahrzehnten (1981-2023), in denen ich (auf meine Art) Journalismus gemacht habe, hat er sich mehr als ich mich verändert. Die meist parteipolitisch gebundene Meinungspresse ist untergegangen, dem Journalismus ist die anwaltschaftlich-parteiliche Sicht auf die Dinge weitestgehend ausgetrieben worden. Der journalistische Berufsstand ist heute stolz darauf, sich vom Agenda-Setting der staatlich respektive privatwirtschaftlich kontrollierten PR-Industrie vorgeben zu lassen, was in der Öffentlichkeit wann Thema ist und was im Einzelfall als wahr zu gelten hat.  

Eine unterdessen antiquierte journalistische Tugend war es seinerzeit, Themen erst dann zu bearbeiten, wenn man sich zuvor ein genügendes Vorwissen hatte aneignen können. Sich auf Themen zu spezialisieren, war Teil des Berufs. Journalistinnen und Journalisten ohne zeitgeschichtliches Hintergrundwissen in ihren Themenbereichen wären keine gewesen. Ich hatte die Chance, in einer Zeit Journalismus zu machen, in der dieser zumindest immer wieder als Kunsthandwerk hatte verstanden werden können – nicht ausschliesslich als industrielle Fliessbandarbeit.

Ich habe mich – in Zeitungsartikeln und in Buchprojekten – häufig mit kulturpolitischer und sozialpolitischer Zeitgeschichte befasst, weil mich immer interessiert hat, mit welchen Werten und Bildern im Kopf die Menschen unter welchen Bedingungen gelebt haben und leben – und zwar nicht irgendwo auf der Welt, sondern dort, wo ich selber unter meinen konkreten Bedingungen mit meinen Werten und Bildern im Kopf zu leben versuche.

Zudem hat mich immer interessiert, wie Menschen andere Menschen mit politischen Mitteln daran gehindert haben respektive hindern, nach den eigenen Werten und Bildern leben zu können. Darum spiegelt sich in dieser Abteilung der Textwerkstatt immer wieder das, was die Geschichtsschreibung unterdessen mit «Fürsorgerischen Zwangsmassnahmen» umschreibt. Ich habe dieses Phänomen seinerzeit einmal mit «Archipel Administrativjustiz» umschrieben. (25.2.2023)

Aktuell

Zum Projekt

 

Die Website «Textwerkstatt Fredi Lerch» versammelt journalistische, publizistische und literarische Arbeiten aus der Zeit zwischen 1972 und 2022, ist abgeschlossen und wurde deshalb am 15. 1. 2024 zum zeitgeschichtlichen Dokument eingefroren.

Vorderhand soll die Werkstatt in diesem Zustand zugänglich sein, längerfristig wird sie im e-helvetica-Archiv der Schweizerischen Nationalbibliothek einsehbar bleiben. Teile des Papierarchivs, das für die vorliegende Website die Grundlage bildet, sind hier archiviert und können im Lesesaal der Schweizerischen Literaturarchivs eingesehen werden.

 


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