XII

 

Dem Kind schien ganz die Welt, und im treuen Trost

Des ungewussten Schutzes die Strassen und

Die eingezäunten Menschen in den

Sauberen Gärten warn mir ein Ganzes.

 

Mein Tag war rund. Als weites Gewölbe stand

Er da, vertraut und wiedererkennbar. Nichts

Bedrohte mich, da noch mein Träumen

Dieses Gewölbe als Weltall wahrnahm.

 

Warn nicht die Bauern freundlich? Und blühten nicht

Die Früchte hinterm Drahtzaun für sie und mich?

Noch sah ich nicht die Risse, die die

Gärten zerstückelten in den Köpfen

 

Und nicht die Löcher, Abgründe, Schlünde, die

Der Zäune Ordnung zwischen die Menschen reisst.

Mir diente ja das Spielzeug, bis ich’s

Wieder vergass und es liegen liess und

 

Ein nächstes meine Neugier ergriff. Ich hielt

Nichts fest, doch alles blieb mir trabant: das Buch,

Der Bär, der Ball umkreisten mich und

Formten mein Selbst zum Kern. – So scheint mir,

 

Jedoch: Vertriebne sind wir schon seit Geburt.

Im Anfang ist der Riss zwischen Mein und Dein. –

Verweht warn längst die Blüten hinterm

Drahtzaun. Die Sommergewitter liessen

 

Die Früchte reifen. Reiften sie nicht auch mir?

Da rief von meinen Spielen der Bauer mich

Zur Apfelernte. Ich war ihm ein

Freudiger Knecht, trug die Früchte stolz in

 

Den übervollen Körben dem Meister zu.

Er prüfte, wog und fuhr sie zu Markte. Wie

Die Bäume leer ging ich nach Haus und                       

Kindisch erschienen mir nun die Spiele.                       

 

Als dann die Kälte kam und der Bauer rief

In seine Stube, war ich schon fremd. Er schob

Mir Münzen übern Tisch, so sein wir

Quitt. Da zerriss meine Welt: Ich dankte.

 

[20.-29.7.1995]

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